GS1: Beendet Blockchain die Zettelwirtschaft?

Gemeinsam mit Beiersdorf, DM-Drogerie Markt, Container Centralen, Lekkerland und PwC gab GS1 Germany am Mittwoch im Rahmen des 24. Handelslogistik Kongresses in Köln den offiziellen Startschuss für ein großangelegtes Blockchain-Pilotprojekt in der Logistik: Bis Ende des Jahres testen namhafte Firmen, ob und wie sich der Tausch von Europaletten mittels Blockchain-Technologie digital, transparent und effizient verwalten lässt. „Die logistischen Prozesse sind heute noch stark von manueller Dokumentation und Intransparenz geprägt und besitzen damit großes Optimierungspotential“, sagt Projektleiterin Regina Haas-Hamannt, die bei GS1 Germany als Innovationsleiterin fungiert. „Für das Projekt die ideale Voraussetzung.“

Handelsseitig beteiligen sich an der Initiative DM-Drogerie Markt, Kaufland, Lekkerland und Markant. Auf Herstellerseite sind Beiersdorf, Dole Europe, Dr. Oetker, Gärtnerei Ulenburg, Ringoplast und die Wernsing Food Family aktiv. Aus der Logistik-Branche übernehmen Container Centralen, Deutsche Bahn, die European Pallet Association e.V. (EPAL), Paki Logistics und die Nagel-Group zentrale Rollen. Beratende Funktion besitzen das European EPC Competence Center (EECC), das Fraunhofer FIT und T-Systems.

Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zeichnet für die Aufnahme und den Transfer der Anforderungen aus dem Palettentauschprozess auf die technologische Seite verantwortlich. Eric Stettiner, Director und Experte für Enterprise Architecture bei PwC, sieht die Vorteile des Projekts in der Praxisnähe: „Blockchain-Technologie hat das Potential, bestehende Geschäftsmodelle und -praktiken zu verändern und zu vereinfachen. Wir unterstützen diese Initiative, um das Wissen über die praktischen Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren für Blockchain-Projekte zu verbessern.“ Unternehmenssoftware-Anbieter SAP verantwortet als Technologiegeber die Lösungsarchitektur und die technische Umsetzung der späteren Blockchain-Anwendung.

„Die hohe Teilnehmerzahl bestätigt den großen Bedarf des Marktes an Erkenntnissen zum Thema Blockchain“, so Haas-Hamannt. „Darum gehen wir jetzt in die Erprobung.“ Das befürworten auch die Projekt-Teilnehmer: „Alle reden über ‚die Blockchain‘“, sagt Heiko Stuhr, Supply Chain Direktor Deutschland/Schweiz bei Beiersdorf. „Wir möchten live dabei sein und als eines der ersten Industrieunternehmen erfahren, was Blockchain in der Praxis wirklich bedeutet. Daher ist Beiersdorf sehr gerne und mit großem Engagement Projektteilnehmer in diesem führenden GS1-Projekt.“ Christian Grotowsky, Leiter der IT bei Lekkerland, ergänzt: „Wir sehen großes Potenzial in der Blockchain-Technologie und sind daher sehr gespannt, ob sie im Rahmen dieses Pilotprojekts die Erwartungen erfüllt.“

Quantensprung zum digitalen Palettenschein.
Im Kern der Initiative steht der Palettenschein. Noch gehört er in Papierform zum Tagesgeschäft eines jeden LKW-Fahrers und sorgt in der Logistik oftmals für Ineffizienz und Intransparenz. Warenempfänger setzen ihn ein, wenn der Palettentausch nicht direkt erfolgt. Er dokumentiert Anzahl, Art und Güte der Ladungsträger. Der Besitzer kann ihn später beim Aussteller oder bei einem beauftragten Dienstleister wieder einlösen. „Oftmals wissen die Betreiber gar nicht, welche Akteure in der Lieferkette am Tauschprozess beteiligt sind. Außerdem gibt es keinen Intermediär, der den Prozess überwacht“, erläutert Haas-Hamannt. „Das macht den Prozess extrem unübersichtlich. Wenn sich der Palettentausch mittels Blockchain effizienter und transparenter verwalten lässt, wäre das ein Quantensprung für alle Beteiligten.“

Nächster Schritt: Definition der Systemarchitektur.
In einer Vorphase definierten die Logistik-Experten aus den unterschiedlichen Unternehmen bereits einen einheitlichen Prozessablauf, notwendige Rollen und grundlegende Prozessanforderungen für die spätere Programmierung der Blockchain. Im Mai beginnt die nächste Arbeitsphase für das Team. Zusammen mit Experten von SAP werden die IT-Spezialisten der beteiligten Unternehmen das Governance-Modell und die Systemarchitektur der Blockchain festlegen. In Phase drei folgt darauf aufbauend die Entwicklung der Simulationsumgebung für einen ersten Testlauf mit einem Prototyp.

Der eigentliche Blockchain-Test erfolgt in Phase vier. Dann führen Hersteller, Logistik-Dienstleister und Händler innerhalb einer echten Lieferkette den Palettentausch mithilfe von Blockchain-Technologie durch. Zusammen mit der Auswertung bildet der Test die Basis für den fünften und letzten Schritt: die Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Praxis. Die Projekt-Teilnehmer planen, diese zum Jahresende zu veröffentlichen. Denn Ziel des Projekts ist es nicht, die Blockchain-Technologie nur für eigene Zwecke zu erproben, sondern die Erkenntnisse möglichst umfassend zu teilen. Haas-Hamannt ist erwartungsvoll: „Wir sind gespannt, ob der Blockchain-Hype seine Relevanz im täglichen Leben beweist.“

Quelle: GS1 Germany, Bildquelle: EPAL

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