Schulterschluss gegen Fernost-Plattformen
Die chinesischen Online-Plattformen Temu, Shein & AliExpress gefährden unsere Gesundheit, unsere Umwelt und den Wettbewerb in Europa. Daher haben Greenpeace und der Handelsverband gemeinsam einen 4-Punkte-Plan für einen fairen und umweltverträglichen Handel vorgestellt.
Onlineplattformen wie Temu, Shein und AliExpress überrollen mit aggressivem Marketing und Dumpingpreisen den europäischen Handel – auf Kosten von Konsumenten, Umwelt und fair wirtschaftenden Händlern. Diese chinesischen Plattformen stehen für eine Generation von Onlinehändlern, die sich am mangelnden EU-Rechtsvollzug bereichern. Der unfaire Wettbewerb katapultierte Temu bereits auf Rang 4 und Shein auf Rang 9 der umsatzstärksten Onlineshops in Österreich und macht hunderttausende Menschen zu Leidtragenden – durch Wohlstands- und Arbeitsplatzverluste sowie negative Umwelt- und Gesundheitsfolgen. Deshalb haben Greenpeace und der Handelsverband gemeinsam einen 4-Punkte-Plan für ein Level Playing Field in Europa vorgestellt.
Marktmacht wächst rasant
Laut dem Marktforschungsinstitut NielsenIQ zählen Temu und Shein bereits zu den zehn umsatzstärksten Onlineshops in Österreich. Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht – im Gegenteil, der Zollstreit der USA mit China wird heuer massive Handelsumlenkungen nach Europa zur Folge haben. Im Vergleich zum klassischen Handel setzt etwa Temu auf den Direktversand aus China, meist per klimaschädlicher Luftfracht, ohne Verantwortung für Produktsicherheit, Steuern oder Umweltstandards zu übernehmen. Laut NIQ erwirtschaften die Fernost-Player mehr als die Hälfte ihres Umsatzes in den Segmenten Bekleidung, Haushalt und Elektronik. Im Vorjahr hat bereits ein Viertel aller Österreicher zumindest 1x bei Temu bestellt, 16% bei Shein und 5% bei AliExpress.
- Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze: 2024 wurden 4,6 Mrd. Pakete mit Waren unter 150 Euro aus Fernost nach Europa geliefert, laut EU-Kommission zwei Drittel davon falsch deklariert. 91 Prozent stammen aus China. Betrüger umgehen systematisch Zölle und Steuern, etwa durch Teillieferungen. Der Schaden für den österreichischen Handel liegt bei 4,5 Mrd. Euro. Innenstädte leiden unter Leerstand, den Kommunen entgehen Millionen an Steuereinnahmen. Die 150-Euro-Zollfreigrenze muss daher so schnell wie möglich EU-weit abgeschafft werden, nicht erst 2028, wie von der EU-Kommission angekündigt.
Die Zollfreigrenze macht Wegwerfprodukte aus Übersee künstlich billig, auf Kosten der Umwelt und Menschen. Milliarden Pakete werden per Luftfracht verschickt, enthalten oft hochproblematische Materialien und landen schnell im Müll. Die Aufhebung dieser Freigrenze ist nicht nur eine Frage der Steuergerechtigkeit, sondern auch ein zentraler Hebel gegen globale Umweltverschmutzung und klimaschädlichen Konsum.
- Mehr Ressourcen für Zollbehörden: Produkte von Temu, Shein und AliExpress enthalten oft verbotene Chemikalien, darunter auch die gefährliche Ewigkeitschemikalien (PFAS) – zum Teil weit über den gesetzlichen Grenzwerten. Bei Spielwaren liegt die Beanstandungsquote bei bis zu 100 % der Testkäufe. Dennoch gelangen solche Produkte wegen unzureichender Kontrollen ungehindert auf den Markt. Die enorme Menge an Billigwaren aus Asien überfordert die bestehenden Kontrollkapazitäten der nationalstaatlichen Zollbehörden – diese müssen gestärkt werden. Vor allem aber muss die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Zoll- und Steuerbehörden dringend verbessert werden.
Die von der Bundesregierung angekündigten strengeren Kontrollen sind ein wichtiger Schritt. Weitere Maßnahmen sind nötig – ein drittes großes Verteilerzentrum für Dumpingpakete in Europa steht kurz vor der Inbetriebnahme, die Zeit läuft uns davon. Es braucht endlich eine faire Besteuerung aller Marktteilnehmer, damit für die digitalen Giganten dieselben Regeln gelten wie für den Händler ums Eck.
- Paketabgabe auf B2C-Sendungen: Anfang Februar 2025 hat die EU-Kommission angekündigt, eine Gebühr auf Pakete von chinesischen Onlinehändlern wie Temu und Shein einführen zu wollen, um die Flut teils gefälschter und unsicherer Waren besser kontrollieren zu können. Konkret geht es um eine Bearbeitungsgebühr für Artikel des elektronischen Handels, die in individuellen Paketen importiert werden. Mit der Gebühr sollen die Zollbehörden der EU-Staaten entschädigt werden für die höheren Kosten, die bei der ordnungsgemäßen Kontrolle dieser Waren – die direkt an die Verbraucher geliefert werden – entstehen.
Mit jährlich rund 4,6 Milliarden Paketen aus Fernost wächst nicht nur die Müllflut, sondern auch der CO2-Ausstoß durch klimaschädliche Transportwege, meist per Luftfracht. Greenpeace und der Handelsverband fordern daher die sofortige Einführung einer Paketabgabe (Handling Fee) auf B2C-Sendungen von Drittstaaten-Plattformen. Diese Maßnahme soll helfen, Steuerbetrug zu bekämpfen, Umweltkosten zu berücksichtigen und für mehr Fairness im Handel zu sorgen.
- Sperre bei wiederholtem Rechtsbruch: Fernost-Plattformen umgehen vielfach EU-Vorgaben – meist ohne Konsequenzen. Wiederholte Rechtsverstöße müssen zu temporären Plattform-Sperren führen. Die günstigen Online-Produkte von Temu, Shein und AliExpress weisen teils massive Sicherheitsmängel auf. Tests zeigen: Ein Shein-Schuh enthielt 229-mal mehr schädliche Weichmacher als erlaubt. Laut AGES sind 80% der Spielwaren auf Temu mangelhaft – bei Schaukeln sogar alle. Kein einziges Spielzeug der getätigten Testkäufe auf Temu erfüllte laut Herstellerverband die EU-Vorgaben.
Wiederholte Verstöße gegen Umwelt- & Sicherheitsstandards dürfen nicht folgenlos bleiben. Fernost-Plattformen, die systematisch gegen Umweltstandards und Produktsicherheit verstoßen, tragen aktiv zur globalen Umweltzerstörung bei. Ein De-Listing auf Suchmaschinen sowie temporäre App-Sperren als Ultima Ratio sind auch ein Schutzmechanismus für Mensch und Natur.
Fazit: Die Bewirtschaftung von Retail-Flächen wird immer weniger rentabel, wenn die Paketflut aus Drittstaaten weiter zulegt. Im Vorjahr stieg das B2C-Paketvolumen hierzulande bereits auf 289 Millionen Sendungen, ein Plus von 11,4%. Damit verlieren auch heimische Ortskerne an Attraktivität. Wenn Plattformen aus China dauerhaft schädliche Produkte in die EU liefern und wiederholt gegen europäische Regeln verstoßen, muss auch eine temporäre Sperrung dieser Plattformen möglich sein, bis die Missstände beseitigt sind! Frankreich hat mit dem De-Listing von Wish.com bereits gezeigt, dass dies möglich ist. (RED)