Wiener Transporteure rufen nach mehr E-Ladestationen und Mikro-Hubs
Befeuert durch den von der Corona-Pandemie ausgelösten Boom beim Online-Shopping ist 2021 die Zahl der in Wien zugestellten Pakete um mehr als ein Drittel auf 128 Mio. Stück gestiegen. Umgerechnet sind das 109 Pakete pro Wiener Haushalt oder 350.000 Stück am Tag. „Legt man diese Pakete auf der Westautobahn aneinander, könnte man jeden Tag bis nach St. Valentin fahren“, erklärte Davor Sertic, Spartenobmann Transport und Verkehr der Wirtschaftskammer Wien (WKW), bei der Präsentation des KEP (Kurier-, Express- und Paketdienst) Branchenreports 2022.
Sertic geht davon aus, dass in der Bundeshauptstadt schon im Jahr 2030 die Schwelle von 200 Mio. Paketsendungen erreicht oder sogar überschritten werden könnte. Zwar sei in kommender Zeit nur noch mit jährlichen Wachstumsraten im einstelligen Prozentbereich zu rechnen. „Aber dafür müssen jetzt die Weichen gestellt werden“, fordert der Spartenobmann.
Um Wien für die zu erwartenden Paketmengen „fit“ zu bekommen, brauche es zum einen emissionsfreie Transportmittel, wie E-Autos, Lastenfahrräder oder Scooter, zum anderen Mikro-Hubs – Kleinlager in der Stadt, wohin alle für ein bestimmtes Grätzel bestimmte Pakete gebündelt angeliefert werden. Von dort soll die Auslieferung an die Haushalte erfolgen. Klappt der erste Zustellversuch nicht, kann der Lieferant die Pakete in einer Paketbox deponieren.
Zwar gelten E-Mobile als umweltfreundlich, für diese Transportmittel allerdings ist die in der Stadt nur unzureichend ausgebaute Ladeinfrastruktur ein Problem. „Von den 2.177 Kleintransporteuren in Wien sind viele EPU, die nirgendwo eine Ladestation installieren können“, stellte Katarina Pokorny, Fachgruppenobfrau der Kleintransporteure in der WKW, fest. Die Unternehmerinnen und Unternehmer bräuchten einen einfachen und günstigen Zugang zu öffentlichen Ladestationen.
„Die Firmen müssen sich darauf verlassen können, dass sie nicht mit leeren Akkus in den Tag starten“, mahnte auch Davor Sertic ein. Denn für die Transporteure sind Fahrzeuge die wichtigsten Betriebsmittel. Neben dem akuten Fachkräftemangel kommt hier mit den steigenden Preisen eine weitere große Herausforderung auf die Branche zu. Denn seit Jahresbeginn sind die Transportkosten – insbesondere für Energie, aber auch für Wartungen, Service und Ersatzteile – um mehr als 20 Prozent in die Höhe geschnellt.
In Wien werden pro Einwohner mehr Pakete transportiert als in Rest-Österreich und sogar mehr als in Deutschland. „Mit 52 Paketen pro Einwohner verzeichnet Wien fast doppelt so viele Paketbewegungen wie der Österreich-Schnitt“, rechnet Jürgen Schrampf, Geschäftsführer des auf Logistik spezialisierten Beratungsunternehmens ECONSULT, vor. Dabei würden 80 Prozent aller Sendungen auf den Privatkundensektor entfallen.