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DHK Präsident Pötsch: „Es gibt nichts zu beschönigen“

Handelsexpertin Theresa Schleicher sprach bei der DHK Generalversammlung über neue Kundenanforderungen: zwischen „Billig-Popkultur“ und nachhaltigem Konsum.

Hans Dieter Pötsch, Präsident der Deutschen Handelskammer in
Österreich (DHK) und Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG gab
bei der Generalversammlung 2024 aktuelle Einblicke in die
Entwicklung der deutschen Wirtschaft und sprach über die
Auswirkungen auf die deutsch-österreichischen
Wirtschaftsbeziehungen.
Foto: DHK / Florian Wieser

Eindringliche Worte zur aktuellen Wirtschaftslage fand der Präsident der Deutschen Handelskammer in Österreich (DHK) und Aufsichtsratsvorsitzende der Volkswagen AG, Hans Dieter Pötsch, bei der Generalversammlung der DHK am 23. Oktober 2024: „Es gibt nichts zu beschönigen. Deutschland und Österreich schwanken gleichermaßen zwischen einer wirtschaftlichen Stagnation und Rezession. Dabei spielt es keine Rolle, ob es dem einen oder dem anderen um einen Viertelprozentpunkt besser oder schlechter geht – wir bilden gemeinsam die Wachstumsschlusslichter in der Europäischen Union.“

Im Bild v.l.r.n.: Markus Kuntke (Rewe International AG), Kathrin Gulnerits (News), Theresa Schleicher (Zukunftsinstitut), Werner M. Bahlsen (Bahlsen Group), Rainer Will (Handelsverband)
Foto: DHK / Florian Wieser

Beim Netzwerkabend unter dem Motto „Die Zukunft des Handels“ nannte er vier zentrale Maßnahmen, um das Wachstum wieder anzukurbeln: Lohnzurückhaltung und Senkung der Lohnnebenkosten, Bürokratieabbau und Senkung der Strompreise „Die Strompreise für Unternehmen in Deutschland und Österreich sind teilweise viermal so hoch wie in anderen Ländern, mit denen unsere Wirtschaft im Wettbewerb steht“, sagte Pötsch. Auch der wachsende Protektionismus weltweit sei ein ernstes Problem, die Angebote für Freihandelsabkommen müsse man daher „endlich beim Schopf packen.“

Vito Cecere, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Österreich, sagte in seiner Begrüßung, der permanente Stresstest der letzten Jahre, geprägt von Pandemie, Krieg und einem drohenden Flächenbrand im Nahen Osten, habe zu einer „Veränderungserschöpfung“ geführt. Umso wichtiger sei es, Freunde und Partner zu haben, auf die man sich verlassen könne. Strategische Kooperationen, etwa im Energiebereich, könnten dabei helfen. Das Gebot der Stunde sei, Europa zu stärken und nicht zu schwächen, betonte Cecere.

Keynote: Next Growth – Die kommenden Kundenanforderungen an den Handel

Die deutsche Handelsexpertin und Zukunftsforscherin Theresa Schleicher vom Zukunftsinstitut Frankfurt am Main beleuchtete in ihrer Keynote „Next Growth – Die kommenden Kundenanforderungen an den Handel“, dass sich der Handel auf die stark veränderten Konsumgewohnheiten der letzten Jahre einstellen müsse.

Die „Re-Generation“ – die neue Konsumentengeneration – wisse, dass Schäden in der Landwirtschaft durch Wetterextreme die Produkte verteuern. In der „reifen Ökonomie“ suchten die Menschen nach Orientierung und Sinn, es gebe eine Sehnsucht nach einer „neuen Leichtigkeit“, zu der auch Vertrauen, Sicherheit und Wertschätzung und ein erweitertes Verständnis von Nachhaltigkeit gehören. „Klimaschutz bedeutet Wohlstand und gute Preise“.

Schleicher hob auch Trends wie die qualitative Aufwertung von Marken und die Bedeutung lokaler Erlebnisse hervor. Zudem warnte sie vor einer übertriebenen „Billig-Popkultur“, die den Konsum dominiere: Mehr als 22 Prozent aller Güter des täglichen Bedarfs werden derzeit zu reduzierten Preisen angeboten. „Die wichtigste Frage ist aber: Was ist der Preis unserer Zukunft?“ Neue Trends wie spielerische Einkaufserlebnisse („Playful Stores“) und gemeinschaftliches Entdecken („Community“) prägen den Handel. Chinesische Plattformen wie Temu würden diesen Aspekt stark aufgreifen.

KI, Konkurrenz aus China und verändertes Konsumverhalten stellen die Handelsbranche auf den Kopf

In der anschließenden Podiumsdiskussion unter der Moderation von Kathrin Gulnerits kritisierte Rainer Will, Geschäftsführer des österreichischen Handelsverbandes, den unfairen Wettbewerb durch chinesische Anbieter, die „de facto eine von der EU subventionierte Müllspur durch die Welt“ zögen, um die breite Masse der Konsumenten mit Scheinangeboten zu ködern. Markus Kuntke, Trend- und Innovationsmanager der REWE International AG, wies darauf hin, dass das Thema Vertrauen in den Händler vor allem für die jüngere Generation immer wichtiger werde. Im Rahmen der strengen EU-Regulierungen können Daten aber auch genutzt werden, um den Kundenbedürfnissen nach Individualisierung und Personalisierung gerecht zu werden. Werner M. Bahlsen, Executive Chairman, Bahlsen Group/Bahlsen GmbH & Co KG, betonte in der Diskussion, dass Tradition die Basis für Innovation sei. „Es ist wichtig, neugierig zu bleiben“, so Bahlsen, der an diesem Abend für seine 60-jährige Mitgliedschaft in der DHK geehrt wurde.

Bei der Generalversammlung im Hotel Imperial Riding School  wurde über die Veränderung in der DHK Landesdelegation Salzburg informiert. Heinz Konrad, Generaldirektor des Raiffeisenverbandes Salzburg eGen, übernimmt den Vorsitz der Landesdelegation Salzburg. Unternehmensberater Ernst Wunderbaldinger erhielt für seine Verdienste und sein langjähriges Engagement im Vorstand der DHK die Ehrenmitgliedschaft verliehen. Zudem wurde Kador & Partner, vertreten durch Utz Kador, für 50 Jahre Mitgliedschaft gewürdigt, während der Bahlsen GmbH & Co. KG sowie der Compass-Verlag GmbH zum 60-jährigen Jubiläum ihrer Mitgliedschaft in der DHK gratuliert wurde.

Rückfragehinweis:
Deutsche Handelskammer in Österreich
Berenika Sterba, MA
E-Mail: berenika.sterba@dhk.at

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