„Wir haben Kapazitäten und gut funktionierende Transportlösungen“ von und nach China“

Es sind schwierige Tage und Wochen für österreichische Importeure und Exporteure mit einem starken Ostasien-Bezug. Zwar läuft in China die Produktion wieder an und gehen die Schranken hoch. Das ist die gute Nachricht. Jedoch sind die interkontinentalen Transportlogistiksysteme in den letzten Wochen völlig aus den Fugen geraten. Ausgelöst durch sogenannte „blank sailings“ als Bezeichnung für gestrichene Containerliniendienste sowie die massive Kürzung der China-Passagierflüge fehlen in Europa und Nordamerika in den nächsten Wochen rund 1,6 Mio. TEU für Seefracht-Exporte beziehungsweise circa 4.800 Tonnen Luftfrachtkapazität pro Tag.

Einige Verlader versuchten die Engpässe mit kreativen Lösungen zu umgehen. Ihren Logistikverantwortlichen war zu Ohren gekommen, dass es in den Seehäfen Genua und Rijeka noch Leercontainer-Bestände gibt. Davon wollten die Unternehmen Gebrauch machen. Doch durch das Coronavirus ist auch der Güterverkehr in Norditalien beeinträchtigt. Und vom kroatischen Seehafen Rijeka ausgehend fehlen die Stellplätze für Verschiffungen in den Fernen Osten. Davon seien derzeit alle Südhäfen betroffen, berichten Experten. Laut ihren Schilderungen war zu Beginn der Kalenderwoche 11 im Verkehr ab Koper frühestens Mitte April ein Stellplatz auf einem Containerschiff nach China, Südkorea oder Japan zu bekommen. Bei der Luftfracht stellt sich die Situation ähnlich dar.

Dafür wirken Christoph Wahl und Gerald Schimanek im Gespräch mit der Zeitschrift LogEASTics relativ entspannt. Der Managing Director von DHL Global Forwarding Austria und der Head of Ocean Freight Eastern Europe & Austria bei dem weltweit tätigen Transport- und Logistikunternehmen raten den Einkäufern in der verladenden Wirtschaft zu einer vorausschauenden Planung. „Wer die Prozesse im Griff hat und weitsichtig handelt, bei dem sollten auch in den nächsten Wochen keine Probleme auftreten“, lautet ihre Prognose. Zwar geht schön langsam auch den Leercontainerdepots in Ungarn, Tschechien und in der Slowakei das Equipment aus. Doch dem begegnen die Linienreedereien mit Positionierungen aus Gioia Tauro in Süditalien, Malta, Zypern und dem Mittleren Osten.

Dieses pragmatische Denkmodell funktioniert unter der Voraussetzung, dass die Exporteure zum Teil deutliche Preiszuschläge akzeptieren. Die Containerreedereien und auch die Fluggesellschaften können sich derzeit aussuchen, welche Sendungen sie transportieren. Ihre Entscheidung fällt normalerweise zugunsten der hochpreisigen Frachten aus. Falls trotzdem Probleme auftreten, steht DHL Global Forwarding mit Spezialitäten bereit. Dabei handelt es sich einerseits um den China Rail Service von Europa zu zahlreichen Stationen im Reich der Mitte und andererseits um Luftfracht-Charterdienste mit Boeing 747F und Boeing 777F mit jeweils über 100 Tonnen Payload.

„Wir organisieren derzeit zusätzliche acht Luftfracht-Charter pro Woche nach Shanghai. Die Verzollungen in China funktionieren einwandfrei“, berichtet Christoph Wahl. Dem gegenüber stehen wöchentlich sechs Blockzüge mit Einspeisepunkten in Hamburg, Duisburg, Neuss oder Malaszewicze an der polnisch-weißrussischen Grenze. Ihre Kapazität beträgt rund 60 FEU oder 120 TEU pro Abfahrt. Sowohl für die Luftfracht- als auch für die Bahndienste bestehen gute Aussichten auf eine stark steigende Nachfrage auch im Verkehr von China nach Europa. „In den nächsten Wochen werden teilweise Produkte auf diese Verkehrsträger ausweichen, für die in normalen Zeiten nur die Containerverkehre zur See in Frage kommen“, schätzt Gerald Schimanek.

DHL Global Forwarding wird die Angebote im Segment Luftfracht und in der Bahnspedition entlang der „Neuen Seidenstraße“ mit Laufzeiten in der Bandbreite von 16-18 Tagen von Europa nach China und retour voraussichtlich über einen längeren Zeitraum bereitstellen. Das Management rechnet mit einer länger anhaltenden Nachfrage nach Alternativen zur Containerlogistik, mit der bestimmte lange im Voraus geplante Saisongeschäfte von Handelsketten zeitlich nicht mehr darstellbar sind. Ein Logistikdienstleister müsse aber auch die finanzielle Kraft für die Bereitstellung von Alternativsystemen haben, sagt Christoph Wahl. Diesbezüglich sieht er die internationalen Konzerne im Vorteil gegenüber den kleinen und mittelgroßen Luft- und Seefrachtspeditionen.

In einer Zeit, in der die Luft- und Seefrachtraten explodieren, herrscht bei den Frachteneinkäufern Alarmstimmung bis hin zur Panik. Dafür bestehe kein Anlass, beruhigen Christoph Wahl und Gerald Schimanek. Ihnen sind Fälle bekannt, in denen österreichische Verlader Lkw-Transporte auf die Reise nach China geschickt haben. Solche Verkehre kann theoretisch auch DHL Global Forwarding organisieren. Jedoch raten die Experten der Spedition davon ab. In ihren Augen kann ein derartiger Transportservice aufgrund der zahlreichen Grenzübertritte niemals die von den Bahn-, Luft- und Seefrachtdiensten gewohnte Laufzeit-Stabilität sicherstellen. Jedenfalls seien damit erhebliche Risiken verbunden, die jeder Verlader letztendlich selber abwägen müsse. •

Als Reaktion auf das Coronavirus hat DHL Global Forwarding die Kapazitäten des China Rail Service aufgestockt.

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