Nach dem Rekordjahr 2015 sinkt der Umschlag des Hafens Rotterdam um 1,1 Prozent

Hafen Rotterdam: Monomasten-Verbindungsstücke für Windturbinen (Copyright Paul Martens)Der Güterumschlag in Rotterdam ist 2016 um 1,1 Prozent auf 461,2 Millionen Tonnen gesunken. Der Rückgang ist größtenteils auf Trockenmassengut wie Erze und Kohle zurückzuführen. Beim flüssigen Massengut konnte das hohe Niveau von 2015 gehalten werden. Damals verzeichnete der Sektor ein Wachstum von über zehn Prozent. Im vergangenen Jahr wurden 1,2 Prozent mehr Container (TEU) umgeschlagen.

Allard Castelein, CEO Hafenbetrieb Rotterdam: „Nach dem außergewöhnlichen Wachstum von 4,9 Prozent im Jahr 2015 sollten wir zufrieden sein, dass die meisten Sektoren im Jahr 2016 das gleiche Volumen erreichen bzw. sogar ein wenig übertreffen konnten. Der Rotterdamer Hafen- und Industriekomplex steht insbesondere bei der Digitalisierung und der Energiewende vor großen Herausforderungen und ist dem starken Wettbewerb der umliegenden Häfen ausgesetzt. Unterschiedliche Entwicklungen, wie zum Beispiel hohe Investitionen in unterschiedliche Raffinerien, einige Projekte im Bereich der Energiewende sowie neue, für Rotterdam günstige Fahrpläne der Containerreedereien, geben uns die Zuversicht, dass der Komplex diese Herausforderungen meistern wird.“

Paul Smits, CFO Hafenbetrieb Rotterdam: „Mit einem nahezu gleich hohen Umsatz sowie einem aufgrund der Kostenkontrolle gestiegenen Gewinn war das Jahr 2016 in finanzieller Hinsicht ein gutes und stabiles Jahr. Die Investitionen sind um 16 Prozent gestiegen und werden im kommenden Jahr erwartungsgemäß mindestens mit dem Niveau von 2016 vergleichbar sein. Gleichzeitig wird der Hafenbetrieb ab 2017 Körperschaftssteuer entrichten. Das darf nicht zu Lasten unserer Kunden gehen und deswegen achten wir verstärkt auf unsere Kosten.“

Flüssiges Massengut
Beim Umschlag von Rohöl gab es einen Rückgang um 1,2 Prozent auf 101,9 Millionen Tonnen. Die Raffineriemargen sanken zwar ein wenig, blieben jedoch günstig, wodurch die gelieferte Menge Rohöl im oberen Bereich der historischen Bandbreite geblieben ist. Der An- und Abtransport von Ölprodukten stieg nach einer Steigung um 18 Prozent im Jahr 2015 um 0,3 Prozent auf 88,8 Millionen Tonnen. Es wurde weniger Heizöl, dafür aber mehr Gasöl, Diesel, Kerosin, Benzin und Naphtha abgefertigt. Nach einem Anstieg von über 90 Prozent im Jahr 2015 sank der Umschlag von LNG um 26,1 Prozent auf 1,7 Millionen Tonnen. Eine im Jahr 2016 geringere Arbitrage bei den LNG-Preisen auf dem Weltmarkt war die Ursache. In der Kategorie sonstiges Flüssigmassengut wurde ein Anstieg um 1,5 Prozent auf 31,2 Millionen Tonnen verzeichnet. Diese Zahlen sind die Summe unterschiedlicher Sorten Ladung. Es wurde zum Beispiel mehr Biodiesel, dafür aber weniger Palmöl umgeschlagen. Insgesamt sank das Volumen von flüssigem Massengut um 0,5 Prozent auf 223,5 Millionen Tonnen.

Trockenmassengut
Der Umschlag von Erz und Altmetall sank um 7,8 Prozent auf 31,2 Millionen Tonnen. Das Dumping von chinesischem Stahl stellte den wichtigsten Grund für diese Entwicklung dar. Einen Pluspunkt stellte dabei der Anstieg des Exports von Altmetall in die Türkei dar, die Antidumpingmaßnahmen angekündigt hat. Der Umfang umgeschlagener Kohle sank um 7,3 Prozent auf 28,4 Millionen Tonnen. Die wichtigsten Gründe dafür sind die Schließung der Kohlekraftwerke in den Niederlanden und der Anstieg der Erzeugung von Solar- und Windenergie. Es wurden mehr agrarische Produkte aus Europa geliefert und weniger auf dem Seeweg, wodurch der Umschlag von Agrarmassengut um 3,6 Prozent auf 10,4 Millionen Tonnen sank. Der Umfang des sonstigen Trockenmassenguts sank um 1,4 Prozent auf 12,2 Millionen Tonnen, da etwas weniger Rohstoffe für den Bausektor und die Industrie importiert wurden. Insgesamt sank das Trockenmassengut um 6,2 Prozent auf 82,3 Millionen Tonnen.

Container
Der Containerumschlag stieg um 1,2 Prozent auf 12,4 Millionen TEU und im Gewicht um 0,6 Prozent auf 127,1 Millionen Tonnen. In der zweiten Jahreshälfte wurden 4,9 Prozent mehr umgeschlagen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Es wurde mehr Fracht nach Fernost und Nordamerika und weniger nach Südamerika verschifft. Sowohl im Bereich Feederverkehr als auch bei Shortsea gab es innerhalb von Europa einen Anstieg von Transport zwischen Rotterdam und Großbritannien, Irland, Spanien und Portugal. Gleichzeitig verzeichnete der Containerverkehr im Fahrgebiet ScanBaltic einen Rückgang, vor allem wegen der Schwäche der russischen Wirtschaft. Die zwei neuen Containerterminals auf der Maasvlakte 2 haben im zweiten Halbjahr ein starkes Wachstum verzeichnet. Im ersten Halbjahr fertigten sie gemeinsam noch 0,6 Millionen TEU ab, im zweiten Halbjahr waren es 1,1 Millionen TEU. Der Marktanteil von Rotterdam an der Hamburg-Le Havre-Range beträgt, genauso wie in den letzten Jahren, ungefähr 30 Prozent. Bei den Kooperationsverbänden der großen Containerreedereien haben zahlreiche Verschiebungen stattgefunden. Seit dem 1. April verwenden die Allianzen neue Fahrpläne. Sie fallen für Rotterdam günstig aus.

Trotz des angekündigten Brexits gab es einen Anstieg des Roro-Verkehrs („roll on roll off“). Es handelt sich nicht nur um den Transport nach Großbritannien, sondern auch nach Skandinavien, Spanien und Portugal. Der Roro-Verkehr verzeichnete ein Wachstum von 1,7 Prozent auf 22,4 Millionen Tonnen. Der Umschlag von sonstigem Stückgut stieg um drei Prozent auf 5,9 Millionen Tonnen, vor allem wegen des Umschlagsanstiegs beim Stahl und Nichteisenmetallen. Roro und sonstiges Stückgut bilden gemeinsam die Kategorie Massenstückgut. In dieser Kategorie gab es einen Anstieg um zwei Prozent auf 28,3 Millionen Tonnen.

Offshore
Aufgrund des anhaltend niedrigen Ölpreises wird relativ wenig in Öl- und Gasförderung investiert. Somit hat es der Offshore-Sektor sehr schwer. Viele Unternehmen in diesem für Rotterdam wichtigen Sektor waren gezwungen, Mitarbeiter zu entlassen. Gleichzeitig begann Sif letztes Jahr auf der Maasvlakte 2 mit der Konstruktion von Monomasten für Windturbinen auf See.

Prognose
Der Hafenbetrieb geht davon aus, dass das Umschlagsvolumen 2017 auf einem mit 2016 vergleichbaren Niveau liegen wird. Beim Containerumschlag wird eine Fortsetzung des Aufwärtstrends erwartet. Es ist jedoch ungewiss, ob die anderen Sektoren die Ergebnisse von 2016 erneut erreichen werden.

Finanzielle Jahresbilanz Hafenbetrieb
Der Umsatz des Hafenbetriebs ist im vergangenen Jahr nahezu stabil geblieben und hat 675,4 Millionen Euro erreicht. Da die Kosten unter Kontrolle sind, kann von einer gesunden Gewinnentwicklung gesprochen werden. Der Gewinn stieg um fünf Prozent auf 222,2 Millionen Euro.

Die beiden wichtigsten Einkommensquellen des Hafenbetriebs sind die Vermietung von Grundstücken und die Seehafengebühren, die für Schiffe beim Besuch des Hafens anfallen. Die Einnahmen aus der Vermietung von Grundstücken erhöhten sich um acht Millionen Euro (+2,4 Prozent) auf 348,9 Millionen Euro. Dieser Betrag stellt die Summe aus neuen Verträgen, den kürzlich abgeschlossen, hinzugefügten Verträgen, der Indexierung der Verträge sowie ihrer Verlängerung zu revidierten Preisen dar. Aufgrund des Rückgangs des Umschlags (-1,1 Prozent), des durchschnittlichen Preises pro Tonne sowie der gestiegenen Nachlässe sanken die Einnahmen aus Hafengebühren um 2,3 Prozent auf 309,1 Millionen Euro. Die Nachlässe für umweltfreundliche Schiffe stiegen um 21,3 Prozent und wurden im Umfang von 4,5 Millionen Euro gewährt. Insgesamt blieben die Unternehmenserträge mit 675,4 Millionen euro stabil.

Die Betriebskosten sanken um 4,5 Prozent auf 227,9 Millionen Euro, vor allem dank der Kostensenkungen im Zusammenhang mit der internen Betriebsführung sowie der Auflösung einiger Rücklagen. Das Ergebnis aus Beteiligungen belief sich auf 8,5 Millionen Euro und lag damit um ca. 0,4 Millionen Euro niedriger als im Vorjahr. Der Umfang dieses Postens wird, genauso wie in den Vorjahren, vor allem durch die erfolgreiche Beteiligung am Hafen von Sohar (Oman) bestimmt.

Im Vorjahr des Jahres 2016 hat der Hafenbetrieb 100 Millionen Euro der im Jahr 2008 abgeschlossenen Zinsderivate aufgekauft. Dafür wurden 59,4 Millionen Euro gezahlt. Von diesem Betrag wurden 32,9 Millionen Euro direkt zu Lasten des Ergebnisses im Jahr 2016 verbucht. Nach dem Aufkaufen verbleiben noch Zinsderivate im Wert von 900 Millionen Euro. Der Hafenbetrieb war in der Lage, die Zinsderivate abzubauen, da die ausstehenden variablen Verbindlichkeiten früher als vorgesehen gesunken sind. Dies ist auf die stabile Umsatzentwicklung, genaue Kostenkontrolle und das richtige Risikomanagement bei Investitionsprojekten zurückzuführen.

92,8 Millionen Dividende
Gemäß den existierenden langfristigen Vereinbarungen macht der Hafenbetrieb den Aktionären, der Gemeinde Rotterdam (70,83 Prozent) und dem Staat (29,17 Prozent) den Vorschlag, im Rahmen der Dividende für 2016 92,8 Millionen Euro (+2,0 Prozent) auszuzahlen; 65,7 Millionen Euro für die Gemeinde und 27,1 Millionen Euro für den Staat.

Investitionen versus Körperschaftssteuer
Der Hafenbetrieb zielt darauf ab, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wert zu generieren, indem er zusammen mit Kunden und Stakeholdern ein nachhaltiges Wachstum realisiert. Der Hafenbetrieb verwendet den erzielten Gewinn daher, abgesehen von der Tilgung von Verbindlichkeiten und der Auszahlung von Dividende, für Investitionen in die Entwicklung des Hafens. Im Jahr 2016 wurde unter anderem in die Kaimauern für Sif, Liegeplätze für Stena Line, den Ersatz und ein Upgrade von Bojen und Dalben sowie die Entwicklung der Maasvlakte Plaza und der Kaimauern für Koole Terminals investiert. Insgesamt investierte der Hafenbetrieb im vergangenen Jahr 179,8 Millionen Euro gegenüber 154,4 Millionen Euro im Vorjahr (+16,4 Prozent).

In den kommenden Jahren ist das Investmentportfolio gut mit Projekten gefüllt, zum Beispiel der Umplatzierung der ca. vier Kilometer der Hafengleise über den Theemsweg. Es handelt sich hierbei um öffentliche Infrastruktur, die der Hafenbetrieb mit ca. 100 Millionen euro bezuschussen wird. In den Konkurrenzhäfen in den Nachbarländern übernimmt der Staat die Kosten für die öffentliche Infrastruktur dieser Art. Daher bedauert der Hafen Rotterdam, dass die Europäische Kommission beschlossen hat, dass der Hafenbetrieb ab dem 1. Januar 2017 Körperschaftssteuern entrichten soll. Der Hafenbetrieb hat gegen diesen Beschluss Widerspruch eingelegt, da er laut Betreibern gegen den Grundsatz verstößt, dass in Europa gleiche Bedingungen herrschen sollten.

Quelle: Hafen Rotterdam, Bildquelle: Paul Martens

Translate »