Schifffahrt: Fusionen und Allianzen gegen Tiefpreise

Die global tätigen Reedereien reagieren mit Fusionen und der Bildung neuer Allianzen auf sinkende Frachtvolumina und Tiefpreise. Welche Auswirkungen hat dies für Spediteure und Verlader? 

Die Konzentration in der Linienschifffahrt hat in den letzten Monaten gewaltig Fahrt aufgenommen. Nach den Fusionen von CCNI und Hamburg Süd, CSAV und Hapag-Lloyd, APL und CMA CGM sowie CSCL und COSCON verhandelt Hapag-Lloyd jetzt mit UASC. Und auch in Südkorea finden Gespräche statt. Die Logistikberatung Tim Consult geht davon aus, dass in vier Jahren zehn statt bisher 14 Carrier 80% der weltweiten Stellplatzkapazitäten bündeln werden.

Ocean Alliance und 2M …
Auch die Reedereiallianzen sind von einer Konzentrationswelle erfasst. Ab April 2017 wollen die französische CMA CGM, COSCON (China), Evergreen (Taiwan) und OOCL (Hongkong) in einem neuen Bündnis, der „Ocean Alliance“, zusammenspannen. Die Gruppe verfügt zusammen über 350 Schiffe. Das entspricht laut Beratungsagentur Alphaliner rund 23,5% der Weltcontainerflotte. Sie schliesst damit zur „2M“-Allianz von Maersk (Dänemark) und MSC (Schweiz) auf. Diese kontrolliert circa 27,7% der Gesamtkapazität. Die „2M“-Allianz betreibt aber nach Analyse von Ernst Russ Shipbroker fast dreimal so viele Grosscontainerschiffe über 18.000 TEU wie die „Ocean Alliance“.

Die Zusammenarbeit der „Ocean Alliance“ soll sich zunächst auf 40 Dienste erstrecken, davon jeweils 20 in den Europa- und US-Verkehren. Laut dem Beratungsunternehmen Alphaliner wird die „Ocean Alliance“ circa 35% der Kapazitäten im für die Schweiz bedeutsamen Asien-Europa-Verkehr kontrollieren, die „2M“-Allianz rund 34%. Im Asien-Nordamerika-Verkehr wird „Ocean Alliance“ 39% der Kapazitäten, „2M“ nur 16% beherrschen.

…gegen The Alliance
Nachdem mit der überraschenden Neugründung der „Ocean Alliance“ im April die Kooperationen „Ocean Three“ (CMA CGM, China Shipping, UASC), „CKYHE“ („K“-Line, Yang Ming, Hanjin and Evergreen) und „G6“ (APL, Hapag-Lloyd, Hyundai Merchant Marine, MOL, NYK und OOCL) faktisch auseinandergebrochen sind, haben Hanjin Shipping, Hapag-Lloyd, „K“-Line, MOL, NYK und Yang Ming Mitte Mai die Gründung eines neuen Bündnisses unter dem selbstbewussten Namen „The Alliance“ bekannt gegeben. Dieses soll zeitgleich mit der „Ocean Alliance“ seine Arbeit aufnehmen. Die sechs Carrier werden laut Alphaliner rund 39% der Kapazitäten im Asien-Nordamerika-Verkehr und 30% im Asien-Europa-Verkehr kontrollieren.

Da Hapag-Lloyd derzeit über eine Fusion mit UASC verhandelt, könnte der arabische Carrier auch noch zur „The Alliance“ hinzustossen. Ohne Partner sind ab April 2017 derzeit noch die Grossreedereien HMM Hyundai Merchant Marine, Hamburg Süd und ZIM. Bei allen Kalkulationen sollte nicht vergessen werden, dass die meisten Allianz-Partner auch noch Schiffe ausserhalb der Allianzen fahren lassen und dieser Anteil bei bis zu 33% liegt.

Weiter scharfer Preiswettkampf
Ziele der Fusionen und Allianzen sind Kostensenkungen und Preiserhöhungen, teils mittels Kapazitätskürzungen. Allerdings konnten die Grossreedereien bis Anfang des Jahres kaum nachhaltig Ratenerhöhungen durchsetzen. Es gibt immer noch zu viele Schiffe für zu wenige Container auf den Weltmeeren.

Die Ratenbildung ist offiziell nicht Bestandteil der Kooperationen. Die Schifffahrtsgesellschaften dürfen nur operativ zusammenarbeiten. Jede Reederei vermarktet ihre Stellplätze selbst. Trotzdem verfolgen Verladerverbände wie der European Shippers Council die Entwicklung mit grossem Misstrauen. Mittelfristig wird die starke Konzentration auf der Reederseite die Verhandlungspartner im stark fragmentierten Speditions- und Verladermarkt unter Druck setzen. Dies könnte zu steigenden Raten führen, falls die Reeder ihre Überkapazitäten in den Griff bekommen. Experten gehen daher davon aus, dass die Seefrachtraten auch 2017 volatil und damit schwer planbar bleiben.

Unzuverlässiger Service
Hinzu kamen und kommen immer wieder ad-hoc gestrichene Abfahrten. Die Fahrplantreue der Containerreedereien lässt sehr zu wünschen übrig. Dies wirkt sich negativ auf Laufzeiten aus und kann zu Unterbrüchen und Verzögerungen in den Lieferketten von Industrie- und Handelsunternehmen sowie Produktionsstörungen, Produktivitätsverlusten, Kundenunzufriedenheit und Mehrkosten führen.

Jetzt steht die nächste Hochsaison vor der Tür. Und da zeichnen sich erstmals wieder Kapazitätsengpässe auf einigen Routen ab, falls die Reedereien vorläufig gestoppte Dienste nicht wieder aufnehmen. Industrie- und Handelsfirmen mit engen Bestellterminen oder Lieferzeiten sollten die Entwicklungen im Schifffahrtsmarkt unbedingt im Auge behalten.

Persönlicher Service bleibt wichtig
Die Unsicherheiten stärken jedoch die Position beratungsstarker Speditionen. Diese können aufgrund ihrer Erfahrung sowohl KMU als auch grösseren Konzernen wertvolle Unterstützung geben und speziell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens abgestimmte, globale Logistiklösungen anbieten.

Autor: Gabriela Tövishati
Head of Business Development
, a. hartrodt (Schweiz) AG, Basel

Als Fachspedition bietet a. hartrodt über jahrzehntelange Erfahrung und das notwendige Know-how für den reibungslosen und schnellen Transport von Waren aller Art – von Lebensmitteln und Spirituosen über allgemeine Handelswaren bis zu Schwergut – per Seefracht und Luftfracht. www.hartrodt.com

 

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