Auf dem Weg zur grünen Mobilität: Alternative Antriebsarten und smarte Lieferketten
Der Verkehrssektor ist in Deutschland einer der emissionsstärksten Bereiche – das Erreichen der Klimaziele stellt somit eine immense Herausforderung dar. Doch langsam kommt die Branche in die Gänge und immer mehr Unternehmen wollen auf innovative Antriebsarten setzen. Auch bei der damit eng verbundenen Automobilindustrie stehen Veränderungen an der Tagesordnung – viele gestalten ihre Logistik um.
Rund 146 Millionen Tonnen Treibhausgase – so viele waren im Jahr 2023 dem deutschen Verkehrssektor zuzuschreiben. Damit trug diese Branche 22 Prozent zu den gesamten Treibhausemissionen Deutschlands bei. Dieser große Anteil ist laut dem Umweltbundesamt gegenüber 1990 sogar um neun Prozentpunkte gestiegen. Und mit nur 10,9 Prozent Minderung gegenüber 1990 hat der Verkehrssektor seine Emissionen dabei – im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen – deutlich weniger verringert. Kein rosiges Ausgangsszenario. Fakt ist auch: Mit den bisher durch die Politik beschlossenen Klimaschutzmaßnahmen können die Treibhausgasemissionen in diesem Sektor nicht ausreichend reduziert werden. Daher wurde und wird nun nachgesteuert – mit Vorgaben, die dem Verkehr nahelegen, einen Zahn zuzulegen.
So gibt es etwa eine Verschärfung der europäischen CO2-Flottenzielwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge, die Erneuerbare-Energie-Richtlinie der EU ist in aller Munde und auch eine CO2-Differenzierung und Ausweitung der Lkw-Maut wurde ausgearbeitet. Und trotzdem: Diese Ansätze reichen allesamt bei weitem nicht aus, um die Klimaschutzziele zu erreichen und sich als klimaneutraler Sektor präsentieren zu können. Deswegen spricht das Umweltbundesamt nun vom Bedienen mehrerer Hebel gleichzeitig, um den Verkehr trotzdem noch auf Klimakurs zu bringen und hat acht Bausteine mit Maßnahmen vorgelegt. Die Palette reicht dabei von einer Reform der Kfz-Steuer für Pkw-Neuzulassungen über den schrittweisen Abbau klimaschädlicher Subventionen bis hin zu einer höheren CO2-Bepreisung.
Alternative Antriebsarten liegen im Trend
Im Fokus zahlreicher Diskussionen steht klimaneutrales Fahren – mit alternativen Antriebstechnologien. Denn nicht nur Elektromobilität, sondern auch Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien könnten sowohl im Stadt- als auch im Fernverkehr eingesetzt werden. Und geht es nach einer aktuellen EHI-Studie, so steht diese Wende unmittelbar bevor: Hierfür wurden 45 Unternehmen aus Markenindustrie, Handel und Transport befragt, wobei 52 Prozent der Befragten angaben, dass sie in Zukunft auf alternative Antriebsarten umstellen werden und bei 31 Prozent hat diese Transformation sogar bereits begonnen.
Als Zeithorizont für die komplette Umstellung ihres Fuhrparks gaben 13 Prozent die nächsten drei Jahre an, der Rest gewährt sich noch etwas mehr Zeit. 49 Prozent sehen vor allem sehr viel Potenzial in der Wasserstoff- bzw. Brennstoffzelle, weil es sich dabei um eine saubere und nachhaltige Energiequelle handelt. Auf Platz zwei folgt die Elektro-Technologie, auf Platz drei rangieren E-Fuels und CNG als Biogas. Weniger beliebt sind hingegen hybridbetriebene Fahrzeuge. Als Gründe, warum die Umstellung bis dato noch nicht umgesetzt wurde, nannten die meisten mangelnde Reichweite, hohe Investitionskosten und eine schlechte Lade- und Tankinfrastruktur.
Die Batterien für E-Autos erleben aktuell eine rasante Weiterentwicklung. Forschung und Entwicklung arbeiten mit Hochtouren an neuen Akkus mit hoher Reichweite. Für die Batterieherstellung wird hauptsächlich Lithium und Kobalt verwendet. Für das Gehäuse hingegen kommt mitunter Polyurethan zum Einsatz.
Europäische Innovationsprojekte
Auch bei der „transport logistic“, der Weltleitmesse für Logistik, Mobilität, IT und Supply Chain Management in München, standen im letzten Jahr bereits innovative Lösungen für den Einsatz von Elektro- und Wasserstofffahrzeugen, und zwar speziell im Langstrecken-Schwerverkehr, im Fokus. 2023 wurden de facto auch drei zukunftsträchtige Projekte in diesem Bereich gestartet: „ZEFES“, „EMPOWER“ und „ESCALATE“. Hierfür hat die Europäische Kommission ein Gesamtförderbudget von 75,4 Millionen Euro veranschlagt, welches die Kosten von der Forschungsphase über die Prototyping-Phase bis hin zur Testphase decken soll.
„ZEFES“ beschäftigt sich dabei mit emissionsfreien, flexiblen Fahrzeugplattformen mit modularem Antriebsstrang für den Langstreckengüterverkehr und wird in Belgien koordiniert. Bei „EMPOWER“ steht wiederum ein ökologisch betriebener, modularer, hocheffizienter und flexibler Multi-Antrieb für Schwerlastfahrzeuge im Fernverkehr im Mittelpunkt. Dieses Projekt wird von Österreich aus gesteuert. Und bei „ESCALATE“ geht es um die Förderung der „Net Zero“-Zukunft der EU durch den Ausbau emissionsfreier, schwerer Nutzfahrzeuge und Logistik-Intelligenz. Koordiniert wird dieses Vorhaben in Aachen.
Lieferketten werden stärker unter die Lupe genommen
Die Corona-Pandemie, verbunden mit Lieferengpässen und Ausfällen, hat bei vielen Autoherstellern zu einem Umdenken geführt. Die Folge: Immer mehr Unternehmen setzen nun auf eine stärker lokalisierte Produktion und Batterie-Lieferkette, um damit die Effizienz zu steigern, Kosten zu senken und Emissionen zu reduzieren. Und über allem schwebt das Ziel, in Summe Autos nachhaltiger produzieren zu können. Vorreiter diesbezüglich sind Mercedes-Benz und Stellantis. Beide verfolgen bei ihren Lieferketten für Batterietechnologie einen umfassenden Ansatz, der von der Forschung über die Entwicklung bis hin zu den Rohstoffen und der Serienproduktion reicht. Aber auch VW und Ford können diesbezüglich mithalten.
Zu diesem Ergebnis kommt die Umweltorganisation „Transport & Environment“, die hierfür die Rohstoff-Lieferketten diverser E-Autobauer Europas unter die Lupe genommen und diese mit jenen der Unternehmen Tesla und BYD als globale Referenz verglichen hat. Berücksichtigt wurde dabei auch insbesondere die Resilienz gegenüber China – etwa durch eine lokale Fertigung von Zellen und Komponenten oder das Recycling von Batterien. Tesla hat dieser Analyse zufolge seine Rohstoff-Lieferketten mit Abstand am besten im Griff und erhielt 80 von 100 möglichen Punkten. Dahinter – mit 75,1 Punkten – rangiert gleich VW. Es folgen BYD, Ford und Stellantis. Abgeschlagen auf den weiteren Plätzen finden sich Renault, Mercedes, BMW und Kia-Hyundai wieder. Auffallend dabei ist, dass deutsche Hersteller insbesondere beim Thema Nachhaltigkeit punkten, während ihre große Schwäche bei der Rohstoffversorgung liegt.
Es geht aber nicht nur darum, Lieferketten zu lokalisieren, um weiter vorne mitmischen zu können, sondern zu den großen Lieferketten-Trends zählen auch noch weitere: Ganz oben auf der Agenda vieler Unternehmen diesbezüglich steht das Zusammenführen aller Daten auf einer Lieferkettenplattform, also einer Single Source of Truth. So lassen sich Störungen frühzeitig erkennen und abmildern, aber auch Vorausplanungen einfacher gestalten. Auch das Diversifizieren von Lieferketten mittels Nearshoring gewinnt weiter an Popularität. Dieser Ansatz kann die schnelle Auftragserfüllung erleichtern und jene Risiken, die mit globalen Lieferketten verbunden sind, verringern. Und schließlich bahnt sich auch die KI ihren Weg durch die Logistik, wobei ihr größter Gewinn für die Lieferketten wohl darin liegt, bei der täglichen Entscheidungsfindung zu helfen.