Leitbild und Ziele eines erfolgreichen Managers
Seit 12 Jahren ist Gerald Hofer als CEO für die Geschicke der KNAPP AG mitverantwortlich. Was ihn antreibt, worauf er Wert legt und wie man auch in herausfordernden Zeiten ein Unternehmen erfolgreich führt verriet er im Exklusiv-Interview mit Logistik express.
Herr Hofer, nächstes Jahr feiern Sie 30 jähriges Firmenjubiläum. War es Liebe auf den ersten Blick?
Ich kann mich gut erinnern, als ich zum 1. Mal in die Günter-Knapp-Straße fuhr. Da stand eine kleine Halle mit ein paar integrierten Büros. Neben vieler für mich merkwürdiger Fachbegriffe und Abkürzungen wurden mir viele Maschinen vorgestellt, die ich so noch nie gesehen hatte, bis hin zu Kommissionierautomaten, die eher noch wie Prototypen ausgesehen haben. In den ersten Wochen hatte ich große Zweifel, ob ich die richtige Entscheidung für meine Zukunft getroffen hatte. Doch bereits bei den ersten Kundenbesuchen wurde mir das Potential dieser neuen Technologien bewusst. Trotz aller Höhen und Tiefen, die wohl in jedem Unternehmen und in jeder Karriere vorkommen, habe ich danach meine Entscheidung bis heute nicht bereut.
KNAPP ist international erfolgreich, die Mitarbeiterzahl steigt stetig. Ist KNAPP ein Aushängeschild Österreichs?
Die Mitarbeiteranzahl hängt stark davon ab, welche Projekte wir gerade abwickeln. Aktuell haben
wir an 49 Standorten rund 8.000 Mitarbeiter. Allein für den laufenden Anlagenbetrieb bei Kunden sind es über 1000 Kollegen, es gibt riesige Anlagen, da bleiben 150 KNAPP Mitarbeiter auf Dauer vor Ort, um für einen reibungslosen technischen Betrieb zu sorgen. Mit Wachstum im Anlagenausbringungsgeschäft steigen auch unsere Mitarbeiterzahlen.
Sehen Sie Parallelen zwischen sich und ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick?
Oft zählt nur das Ergebnis, nicht die Rahmenbedingungen. Im Prinzip gelten die gleichen Erfolgsfaktoren: man hat einen Plan, hält sich daran, lässt sich nicht durch kurzfristige Änderungen – beispielsweise, weil Spieler ausfallen oder der Gegner seine Spielart ändert – von seinem Plan abbringen. Man spielt ein Konzept! Das Konzept darf nicht starr sein, aber ich muss wissen, wo ich in fünf oder zehn Jahren stehen will. Das ist meiner Meinung nach das Erfolgsgeheimnis von KNAPP, das bereits bei der Eigentümerschaft, die dem Unternehmen Stabilität gibt, beginnt. Auch Fußballclubs sind tendenziell erfolgreicher, wenn sie einen Trainer langfristig arbeiten lassen. In 6 Monaten kann man genau gar nichts erreichen. Da haben wir glaube ich – gegenüber börsennotierten Unternehmen, die in Quartalszahlen denken, einen ziemlichen Vorteil. Es gibt auch Nachteile, etwa wenn es um Finanzierungen oder Akquisitionen geht, aber generell sind wir mit dieser langfristigen Strategie sehr gut gefahren. Zugegeben, die aktuelle Wirtschaftsflaute hat uns auch erwischt. Es wird weniger investiert. Wir können nicht irgendwelche Luftschlösser bauen, es braucht immer noch einen Kunden, der an sein Geschäft glaubt, der sagt, irgendwann werde ich wachsen, irgendwann will ich besser werden, schneller werden, oder mit höherer Qualität ausliefern. Und wenn es die nicht in ausreichendem Maße gibt, dann trifft das auch uns.
Wie sehen Sie generell die Lage in der Logistik im globalen Überblick?
Reden wir über Logistikautomation: bei Investitionen in diesem Bereich ist der Trend ungebrochen in Richtung höherer Automatisierungsgrade. Optimierung – das müssen nicht unbedingt Robotik Systeme sein oder Zero-Touch oder maximal One-Touch, da geht es vor allem auch um Optimierungen, wie auf gewisse Situationen reagiert wird. Das sind Peak-Situationen, Schwachlastzeiten, Änderungen in Auftragsstrukturen über Saisonen und gewisse Aktionen, die man im Marketing trifft. Hier gibt es viel Optimierungs- und Investitionspotential.
Zwei Themen stehen im Vordergrund: zum einen haben wir speziell in Europa zu wenig qualifiziertes Personal, um das zu tun, was wir eigentlich tun müssten zur Wertschöpfung. Zum anderen müssen wir automatisieren, sonst werden wir uns Deindustrialisieren. Bei uns geht es nur über Automatisierung zu einer höheren Wertschöpfung. Wir werden dem aus meiner Sicht teilweise sehr unfairen Wettbewerb aus Asien anders nicht entgegentreten können. Dass die europäischen Regeln für Unternehmen, die keinen Sitz in Europa haben, hier nicht gelten, ist ein schwerer Fehler der Politik, der möglichst rasch korrigiert gehört. Wenn z.B. Chinesische Onlinehändler einfach über Frachtflieger jeden Tag in Deutschland oder Österreich landen können und ihre Pakete verteilen, ohne Mehrwertsteuer oder Importzoll zu zahlen und sich auch keinen lästigen Gebäudethemen oder Umweltvorschriften stellen müssen und geringere soziale Standards haben, dann steigt der Druck auf unsere Partner und natürlich auch auf uns.
Zusammengefasst sind wir aber im richtigen Geschäftsfeld, weil eine stärkere Automatisierung notwendig ist, die Systeme intelligenter werden müssen, es mehr Software, mehr AI und andere Themen geben wird und weil wir im Bereich Robotik, Sortierung, Transport – aber auch im Bereich der Lagertechnik vorne sind. Das daraus resultierende Gesamtportfolio ist einzigartig. Wir denken, dass wir sehr gut positioniert sind und der Markt auch weiterhin prosperieren wird, die nächsten 2 Jahre jedoch auch wir eher mit einer Konsolidierung auf dem gegebenen hohen Niveau konfrontiert sein werden.
Wo besteht noch der größte Nachholbedarf, auch geographisch?
Unter anderem in Nordamerika: dort hat man gewaltige Schritte gemacht, dort war bis vor einigen Jahren weder Platzbedarf noch Personal ein Thema. Das hat sich drastisch geändert, auch die Ansprüche der Kunden gerade im B2C Bereich sind drastisch gestiegen. Wir glauben nach wie vor, dass das Thema Automation weniger von der geographischen Lage, sondern von der Branche abhängt. Im Bereich Health-Care wird sich viel tun, und hier bieten wir Lösungen, die wirklich outstanding sind – das betrifft die Medikamentenversorgung, aber auch die Bereitstellung von Gütern generell, etwa den Bau von Versorgungszentren für medizinische Zentren und Betreuungseinrichtungen. Zudem wird sich im Bereich der urbanen Logistik viel tun. Wir sind der Meinung, dass es überall dort, wo das Einkommen pro Kopf hoch genug ist, sich auch sehr hohe Automatisierungsgrade ausgehen werden. Egal, ob das in der EU ist oder in den angrenzenden östlichen oder südlichen Ländern; es wird auf jeden Fall in Nord- und Südamerika sowie Asien so sein. In Südamerika beispielsweise auch aufgrund der enormen Herausforderungen der Distanzen. Das sind aber im Moment aus Europa schwer erreichbare Märkte. In Asien wird es sicher eine unglaubliche Bewegung geben mit dem angestrebten Wachstum, aber auch mit dem Zuwachs an Einkommen wird dort sicher viel gemacht. Da sind wir in Spezialgebieten in einigen Märkten gut unterwegs.
Sie haben drei Zugpferde: Nordamerika, Asien und Europa – welches läuft am schnellsten?
Im Moment sicher Nordamerika, immer noch gefolgt von Europa und einigen Highlights in Asien. In Asien konzentriert sich die Automatisierung aktuell noch sehr stark auf Produktion, Palette, Paletten Handling und Basissortierung in der Verteilung, wohingegen wir üblicherweise in Europa oder Nordamerika bereits andere Automatisierungsgrade in der Feinverteilung haben.
Asien ist hinsichtlich Automatisierung noch ein bisschen hintennach. Was passiert, wenn sie unser Niveau erreichen?
Da würde ich sie gleichstellen mit uns. Im Moment haben sie massive Vorteile: unbegrenzte Ressourcen, wenig Bürokratie und sehr schnelle Entscheidung. Wenn Sie in Europa etwas tun oder bauen wollen, sind Sie mit dem Bürokratiewahnsinn konfrontiert, brauchen eigene Teams, um CO2-Bilanzierung und Lieferkettengesetz zu entsprechen. Ideologisch wird dies ständig damit durchgesetzt, dass man mit sozialen Standards argumentiert. Standards, die für Unternehmen im EU-Raum selbstverständlich sind, sollen nun nicht nur trotz vorhandener gesetzlicher Vorgaben durch Unternehmen nochmals dokumentiert werden und (noch schlimmer) in Ländern durchgesetzt werden, in denen die entsprechenden Rahmenbedingungen fehlen. Dabei lässt die Politik die Unternehmen in der EU alleine – denn für alle jene, die keine Niederlassungen in der EU haben gelten viele dieser Bestimmungen nicht oder werden nicht geprüft oder entsprechende Nachweise eingefordert.
Stichwort Personal, wie finden Sie an den Standorten ausreichend Mitarbeiter?
Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht und haben einen geographischen Vorteil: wir sitzen sehr zentral in Europa und haben schon sehr früh angefangen, auch in anderen Ländern zu rekrutieren. Natürlich muss man auf Ländergegebenheiten eingehen. Wir wachsen auch in Österreich immer noch. Gerade aufgrund dessen, dass wir Arbeitskräfte auch in anderen Märkten rekrutieren, gibt es dann in Österreich mehr Arbeitsplätze. Im Wesentlichen sind wir in Österreich und Deutschland noch sehr fertigungsintensiv. In den USA ist es eine immense Herausforderung, Personal zu finden – allerdings liegt es dort nicht an der Anzahl, sondern oft an der Qualifikation. Hinzu kommen Gepflogenheiten, etwa wie man Interviews führen darf – das ist eine Lernkurve. Wir haben auch in Brasilien sowie Lateinamerika sehr große Niederlassungen. Es ist überall anders. Wir versuchen, alle Länder über unsere Firmenkultur zu verbinden: jeder KNAPP-Mitarbeiter ist ein KNAPP Mitarbeiter und wird mit demselben Respekt behandelt, egal wo er sitzt auf der Welt. Bei unserer Standortfindung geht es nicht vorrangig um Kosten, sondern um Qualifikation: motivierte Mitarbeiter und gute Teams zu finden. Wir wollen keine Mitarbeiter, die Arbeit als Strafe empfinden und die ihren Job als Belästigung ihres Lebens sehen. Wir wollen mit unseren Mitarbeitern Championsleague spielen. Natürlich haben wir Spaß am Arbeiten, aber wir arbeiten ernsthaft. Sollte das irgendwann in Österreich nicht mehr möglich sein, müssten wir gröber verlagern.
Man sagt, Österreich sei bei Personal ein schwieriger Markt, der Wille, Vollzeit zu arbeiten, fehlt?
Man darf das nicht pauschal sagen. Wir haben langjährige Mitarbeiter, die mit viel Fleiß zum Aufbau des Unternehmens beigetragen haben. Da gibt es Leute, die musste man nach 10 Stunden auffordern nach Hause zu gehen, um Strafen zu vermeiden, weil die Wochenarbeitszeit überschritten wird. Das ist aus meiner Sicht eine große Peinlichkeit für den Wirtschaftsstandort Österreich – hier muss man eingreifen. Viele arbeiten heutzutage 30 Std. statt 40 Std., um Steuern zu vermeiden. Im Steuermodell wird leider immer noch der bevorzugt, der weniger arbeitet – nicht der, der mehr arbeitet. Das geht nicht nur zu Lasten des Allgemeinwohls (Finanzierung von Bildung, Kindergärten usw.), sondern auch zu Lasten unserer Konkurrenzfähigkeit. Und ja, das ist in Österreich mit Sicherheit ein Problem. Wenn man in seinem Beruf Erfüllung und ein angenehmes soziales Umfeld findet, das wir bei KNAPP bieten wollen, macht es wahnsinnig viel Spaß, an Projekten zu arbeiten, diese zum Erfolg zu führen und erfolgreich zu sein.
Mein Wunsch wäre weniger staatliche Beeinflussung und endlich ein Umdenken. Ein Beispiel ist immer die Diskussion um eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters: wir müssen länger arbeiten, weil sonst das Pensionssystem nicht funktioniert. Das ist der falsche Ansatz! Jene, die länger arbeiten wollen, müsste man steuerfrei stellen. Das wäre für den Staat ein Nullsummenspiel, da er sich die Pensionszahlung erspart. Selbst bei einer Flatrate von 10% ließe sich vermutlich das tatsächliche Rentenalter sehr stark anheben. Im jetzigen System wird man fürs längere Arbeiten bestraft.
Wir haben sehr viele Mitarbeiter, die gerne zumindest Teilzeit weitergearbeitet hätten, es aber aufgrund der höheren Besteuerung der Pension nicht machen. Gerade beim akuten Fachkräftemangel in gewissen Bereichen besteht hier dringender Handlungsbedarf. Aber in Österreich dauert das leider.
Es ist ein Irrtum, zu glauben, dass wir mit weniger Leistung den gleichen Lebensstandard halten können, indem man sich das Geld von Reichen oder Unternehmen holt. Wir haben viele Mitarbeiter, die einen hohen Steuersatz bezahlen. Ab einem gewissen Zeitpunkt gibt man bereits die Hälfte des Bruttogehalts für die Allgemeinheit ab, und das wird dringend gebraucht.
Welches der Geschäftsfelder der KNAPP läuft aktuell am besten?
Wir sind prinzipiell mit allen sehr glücklich. Natürlich gibt es immer ein paar, die gerade in diesem Moment etwas besser performen. Der HealthCare-Bereich ist zwar eine Nische, aber für uns sehr wichtig und ich glaube, dass es hier in den nächsten 5-10 Jahren zu einem großen Wachstum kommt. Wenn man Kritikpunkte sucht, dann die Investitionen der Produzierenden in kleinere und mittlere Anlagen, die gibt es aktuell nur selten. Laufende Optimierungen, für die in Hochlastzeiten sehr viel Geld ausgegeben wurde, um noch das letzte Prozent rauszuholen, werden auf die lange Bank geschoben.
Wie geht es der Automobilindustrie?
Wir sind über einem Großkunden und einige Zulieferbetriebe mit der Automobilindustrie verbunden. Aktuell werden dort Strategien umgeworfen, was zwangsläufig immer zu einem gewissen Stillstand führt. Für die europäische Automobilindustrie wäre es gut zu wissen, wohin die Reise geht. Sehen wir uns als Beispiel China an: um den Strompreis niedrig zu halten, werden einfach mehr kalorische Kraftwerke in Betrieb genommen. Es gibt eine staatliche Strategie, die besagt, jedes Auto ist elektrisch und den Strom produzieren wir entweder kalorisch oder über Atomkraftwerke. Wir in Europa müssen uns einmal einig werden, was wir wollen.
Meiner Meinung nach wäre ein offener Technologiewettstreit nötig. Aus heutiger Sicht wäre eine Umstellung auf 100% Elektromobilität unmöglich. Man muss eine Entwicklung zulassen, die europäische Automobilindustrie ist ein hoch innovatives Konglomerat. Wenn die Politik sagt „du darfst nicht mehr nachdenken über Alternativen“ ist das ein schwerer Konkurrenznachteil. Man sollte über Vorgaben arbeiten, etwa den CO2 Ausstoß. Allerdings müsste man das ganze Automobil und seine Produktion anschauen, nicht nur das, was hinten rauskommt. Das Elektroauto in heutiger Form wird nicht bis in alle Ewigkeit so gebaut werden. Konzepte wie Carsharing werden eine wesentlich größere Rolle spielen. Ich sehe die europäische Automobilindustrie stärker, als sie gerade dargestellt wird.
Ist künstliche Intelligenz ein Thema?
Natürlich spielt KI eine große Rolle. Wir haben heute technisch die Möglichkeit, ungeheure Datenmengen zu generieren und auf diese zuzugreifen. Bisher konnte man diese allerdings nicht verarbeiten oder Antworten daraus ableiten. Hier greift die KI ein, durch eine Automation der Abfragen und die Suche nach Unterschieden, Gleichförmigkeiten usw. kann aus großen Datenmengen eine Optimierung ableitet werden.
Diese Netzwerke spielen auch bei uns eine große Rolle, da sehr viele Daten verarbeitet werden müssen. Mittlerweile haben wir ein eigenes Cloudangebot, über diese Daten können wir sehr viel ableiten. Dabei kann es sich um einen Pick-Roboter handeln, der seine Punktwolke berechnet, mit jedem Pick lernt und das seinen Kollegen auch mitteilt. Ein Netzwerk trainiert permanent: wie kann ich das angreifen…
Wir hatten als Test einen kleinen Elefanten mit einem Etikett dran. Der Roboter probierte oft erfolglos, aber irgendwann erwischte er mit dem Saug-Kopf das Etikett und es funktionierte. Das gab er weiter, und jetzt nimmt er immer das Etikett, wenn er so ein ähnliches Produkt hat und kann es kommissionieren. Das geht aber nur, weil er aus den Daten lernt. Wenn das alle machen und Ergebnisse weitergeben, geht das viel schneller, als wenn man einen einzelnen Roboter trainiert.
Noch spannender finde ich KI beim Umgang mit großen Datenmengen: beispielsweise prinzipielle Lagerbewegungen, optimale Bestände zu optimalen Zeitpunkten; wie kann man Personal zur richtigen Zeit einsetzen; welche Engpässe entstehen, wenn xy passiert. Das ist für uns ein sehr spannendes Thema und wir arbeiten mit Hochdruck am Aufbau eigener KI-Kompetenz im Haus. Das unterscheidet sich wenig von anderen Programmiersprachen oder Software, die Unternehmen im täglichen Leben brauchen. Die KI wird zu einem dieser Werkzeuge werden. Früher hätte niemand erwartet, dass eines Tages ein Laptop auf dem Schreibtisch steht statt der Schreibmaschine. Ich hoffe, dass diese Werkzeuge für friedliche Zwecke eingesetzt werden, und es sind Regularien nötig, etwa dahingehend, auf welche Daten zugegriffen werden darf. Das Eigentum von Daten muss geschützt und der Zugriff darauf reglementiert sein, damit man damit keinen groben Unfug machen kann.
Die Otto-Group verwendet KI im Einkauf. Ist das ein Thema für KNAPP?
Es gibt verschiedene Themen, die man da mit KI machen kann: etwa Lieferantenbewertungen, zumindest als Vorschlagswesen. Wir setzen im Einkauf KI nicht im großen Stil ein. Wir haben sehr gute, etablierte Systeme und langjährige Lieferanten, mit denen wir ohnehin permanent im Austausch und eng verbunden sind – so, wie wir uns auch Kundenbeziehungen wünschen. Wir wissen genau, wo und was unsere Lieferanten fertigen. Meiner Meinung nach wird die KI eher in Richtung Planung der Warenströme Einsatz finden. Wie müssen wir unsere Reichweite anpassen, damit wir nicht wieder Probleme haben, wenn es eine Komponentenkrise gibt, wann kann man Lagerbestand optimieren vs. wann muss man seine Vorräte aufbauen.
Ein Teil der Krise ist hausgemacht: nach der Komponentenkrise hat jeder viel mehr gekauft als notwendig, um Lager aufzufüllen. Als die Lieferzeiten dann extrem kurz wurden, hat man ein paar Monate lang gar nichts gebraucht, teilweise hatten Unternehmen dann Halbjahresbestände auf Lager. Man merkt deutlich, wenn so eine Konjunkturphase zu Ende geht. An dieser Stelle ist KI von Vorteil, die weltweit Daten sammelt und einen vor solchen Ereignissen warnt, um reagieren zu können.
Was zeichnet den „Gerald Hofer“ aus?
Ich glaube, der allerwichtigste Punkt ist, dass man sich nicht selbst zu groß macht. Und nicht glaubt, man hat alles allein gemacht – das ist zum Scheitern verurteilt. Die Grundlage meiner Karriere ist Stabilität, bei einem Unternehmen zu bleiben und das Vertrauen zu genießen von Leuten, die einfach sagen „mach das“. Außerdem mache ich es nicht allein: ich leite KNAPP nicht, wir leiten das im obersten Gremium gemeinsam zu fünft. Da sind Franz Mathi, Christian Grabner, Heimo Robosch und Bernhard Rottenbücher dabei – mit unterschiedlichsten Fachgebieten und Ausprägungen. Das heißt, ich kann mit ihnen über die Zukunft schwelgen und ebenso die Details des Tagesgeschäfts.
Was mich auch erfolgreich macht, ist die Liebe zum Kunden. Ich mag nichts mehr, als das Gespräch mit Kunden. Ich glaube, ganz wichtig ist die Wertschätzung für die Mitarbeiter im Unternehmen, aber auch das Bewusstsein, dass jedes Handeln jede einzelne Auswirkung auf Kunden hat. Eine falsch ausgestellte Rechnung bedeutet Probleme für den Kunden. Wenn wir freundlich das Telefon abheben, das Problem eines Kunden verstehen, aber auch intensiv in Diskussionen gehen. Wir haben eine Kultur geschaffen, in der vielen Menschen bewusst ist, worum es geht. Je größer die Organisation wird, desto schwieriger, weil desto arbeitsteiliger.
Was zeichnet mich aus? Das Genießen von Zusammenarbeit. Auch wenn es heiß her geht und wir nicht gleicher Meinung sind – egal in welchem Führungsgremium – dann diskutieren wir das aus. Wir müssen nicht heimgehen und beste Freunde sein, aber wir müssen am Ende zu einer guten Lösung kommen. Wir gehen da wirklich mit Emotion dran. Ich hatte das große Glück, sehr viele gute Menschen und Leute mit Talent um mich zu haben. Das ist das, was es ausmacht.
Was würden Sie der heutigen Jugend raten?
Aus meiner Sicht ist die Ausbildung in Österreich top. Man glaubt gar nicht, wie gut wir da teilweise
unterwegs sind, vor allem in technischen Bereichen. Es braucht wieder ein bisschen mehr Abenteuerlust, dass man sich beruflich in der Welt umschaut. Es geht darum, einen Job wieder als das wahrzunehmen, was er ist. Wenn man am Wochenende in einem Verein spielt, ist das super, das habe ich auch gemacht. Das ist ein Ansporn, man steht dahinter, man steht hinter seinem Verein. Genau dieses Verhalten würde ich mir im Job wünschen.
Man ist in einem Team, man versucht, das Beste zu erreichen. Man versucht, den, der grade ein bisschen humpelt mitzuziehen. Man versucht, ein Kleinklima zu schaffen, wo man gerne hingeht, um zu arbeiten. Man arbeitet an einem gemeinsamen Erfolg – Arbeit ist nichts Schlimmes sondern auch eine Einstellung. Die sollte man mitbringen und dann sollte man sein Privatleben genießen. Wir leben in einem großartigen Land, wo alles möglich ist. Wir sollten nur nicht glauben, dass es ohne diese Leistung geht. Und wenn wir schon Leistung erbringen, sollten wir Spaß dabeihaben, und der Staat sollte sich ein bisschen mehr raushalten.
Welches Thema liegt Ihnen am Herzen?
Im Bereich der Bildung besteht Handlungsbedarf. MINT-Initiativen für mehr Frauen in technischen Berufen sind ein Anfang. Im Bereich der Lehrlingsausbildung ist KNAPP einer der absoluten Top-Betriebe in Österreich. Es gibt viel Kritik an der Jugend, aber unsere Lehrlinge sind top. Da wo Menschen ein gutes Umfeld haben, und was werden können und Spaß dabeihaben, entstehen großartige Sachen – darum müssen wir uns kümmern, das ist unsere Zukunft. Ich sage immer, manche Staaten haben Öl, wir haben Human Ressources und Bildungssysteme, die an und für sich toll geschaffen sind. Wir haben eine Lehrlingsausbildung, von der man z.B. in den USA nur träumen kann. Es geht über unsere HTLs, HAKs, Studien, FHs… wir haben ein unglaublich gutes Bildungssystem in diesen Bereichen. Wichtig wäre, in der frühen Phase, bei Kinderbetreuung, Kinderpädagogik, im VS-Alter nachzulegen. Da sind wir noch nicht gut genug.
Hier besser zu werden, könnte in vielen anderen gesellschaftlichen Themen helfen. Inklusion ist wichtig, wir haben Mitarbeiter aus aller Herren Länder. Zudem versuchen wir, über diverse Initiativen Benachteiligten eine Chance zu geben, etwa über Sozialprojekte. Diese Dinge sind viel wichtiger, als sie scheinen. Wir dürfen nicht ganze Klassen irgendwie aufgeben, weil wir sie pädagogisch nicht mehr bewältigen können – das wäre ganz schlecht. Es geht darum, Stärken auszubauen und über das zu reden, was wir gut können, nicht über das, was schiefgeht. (RED)
Quelle: LOGISTIK express Journal Intralogistik & E-Commerce LE-4/2025